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Überrasch mich!

Susanna Boehm ist Ausstattungsleiterin der Bregenzer Festspiele.

Sie gestaltet aber auch Räume für Kongresse im Festspielhaus Bregenz – mal minimalistisch, mal als große Oper.

Überrasch mich!
© Anja Köhler // Kongresskultur Bregenz

Liebe auf den ersten Blick. Der fesselnde Beginn eines Romans. Der prägende erste Eindruck von einem Fremden. Allem Anfang wohnt ein Zauber inne. Das gilt auch für Veranstaltungen. Dabei wird oft übersehen, dass die erste Begegnung nicht die mit anderen Teilnehmenden oder mit Inhalten ist, sondern die mit dem Raum. „Dessen Wirkung wird oft unterschätzt“, meint Susanna Boehm, die bei den Festspielen für Bühne, Kostüme, Requisiten und Maske verantwortlich ist. Fühlen sich Menschen vom ersten Moment an wohl, sicher und geborgen, „dann öffnet sich auch in ihrem Inneren ein Raum. Sie sind bereit, Neues zu erfahren, Menschen kennen zu lernen, gemeinsam etwas zu tun.“

© Susanna Boehm

Susanna Boehm ist gewohnt, dass Regisseurinnen und Regisseure mit ihren eigenen Vorstellungen ankommen, wie sie Inhalte in Szene setzen wollen, und mit dem Wunsch: „So, und jetzt überrasch mich!“ Für sie ist das zu einem Schlüsselsatz geworden. Nicht nur für Filme oder Opern, sondern auch bei Kongressen. „Schließlich wollen Veranstalter ja auch ihre Gäste positiv überraschen.“

 

Das kann durch opulente Dekorationen geschehen, die in Farben und ausgefallenen Formen schwelgen, wie sie auf der Seebühne zu sehen sind. Oder durch minimalistische Designs, wozu ihr gleich die Werkstattbühne einfällt: „Einer meiner Lieblingsräume im Festspielhaus. Wenn er ganz leer ist, drückt er Erhabenheit und Weite aus. Ein wunderbares Ambiente, um darin groß zu denken und die Welt mit neuen Augen zu sehen.“

© Susanna Boehm

Susanna Boehm, die äußere und innere Räume immer in Wechselwirkung denkt, setzt ganz besonders auf ein Gefühl, das Menschen öffnet: das Staunen. Dieser Moment, in dem Menschen anerkennen, dass ihnen etwas gegenübertritt, das ihre Vorstellungen übersteigt. Geäußert als „Wow!“, als „Das gibt’s doch nicht!“, begleitet von Gänsehaut und Herzklopfen. Ein Erschauern, das nachwirkt.

 

Um diesen Effekt zu erreichen, braucht es nicht immer die großen Budgets. Um ein Sinnen-Reich zu erschaffen, genügt manchmal eine gute Idee, wie man einen Raum mit einfachen Mitteln in ein ganz neues Licht tauchen kann.

© Anja Köhler // Kongresskultur Bregenz

„Ich stelle mir vor, ein Kunde käme zu mir und sagt: Ich habe noch genau fünf Euro für die Ausstattung – kannst Du mir einen Raum zaubern? Ich würde antworten: Okay, ich kaufe eine Wunderkerze, eine lange Lunte und eine Packung Zündhölzer. Die Wunderkerze hängen wir unter der Decke auf, mit der Lunte als Verlängerung. Dann trittst Du vor Dein Publikum und sagst: Ich möchte, dass Ihr meinen Vortrag anhört mit der Erinnerung an Euer glücklichstes und intensivstes Gefühl. Deshalb starte ich mit einem fantastischen Feuerwerk, das meine beste Erinnerung beinhaltet.“

 

Auch so kann man überraschen: schlicht und ergreifend.

 

(Michael Gleich) 24.02.2020
Foto: Anja Koehler; Susanna Boehm

© Anja Köhler // Kongresskultur Bregenz

Susanna Boehm

Mal sparsame Intervention, mal opulente Inszenierung

Haltung und Handwerk

Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem Themenheft „Haltung und Handwerk – Von der Kunst guter Gastgeberschaft“. Das gesamte Heft mit mehr Geschichten können Sie hier digital durchsehen.
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